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TARGET e.V.

Haast, Westcoast, Fox Glacier, Lake Matheson

Ich öffnete langsam die Jalousien, gespannt darauf, bei welchem Wetter es jetzt wohl weitergehen würde. Aber ich konnte kaum etwas erkennen, weil die Sonne mich blendete. Voller Begeisterung lief ich bis vor die Tür, um mich wirklich davon zu überzeugen, daß das Wetter umgeschwungen war. Ich sah einen kräftig blauen Himmel und keine einzige Wolke. Ein besseres Wetter konnte es nicht geben.

Mit Vorfreude auf einen schönen Tag auf dem Rad packte ich und besuchte das 3km weiter entfernte Visitor Center, um zumindest auf Fotos zu sehen, durch welch üppige Landschaft ich gestern geradelt war. Dann gegen 11 Uhr verabschiedete ich mich von Stefan und Conny, die auch im Visitor Center waren. Beide wünschten mir "Viel Glück!". Ich rollte vom Parkplatz in Richtung der Brücke über den Haast River. Nach 100m stehe ich plötzlich: Schon wieder war eine Anlötöse am Ausfallende abgebrochen, die zweite auf der rechten Seite, sodaß jetzt keine Möglichkeit mehr bestand, den Gepäckträger zu befestigen. Schockiert stand ich an der Straße, "die Tour ist zu Ende" schoß es mir durch den Kopf. Nach einigen Sekunden, die für mich eine kleine Ewigkeit darstellten, begann ich, daß Rad neben mir herschiebend, zurück zum Visitorcenter zu rennen. Ich hoffte, noch Stefan und Conny zu treffen, weil diese zumindest ein Auto hatten und mir vielleicht helfen könnten. Kurz bevor ich den Parkplatz erreichte, sah ich ihren Wagen in die andere Richtung wegfahren. Also blieb nur noch die nahe Tankstelle. Dort hatte man aber keine Zeit sich um mein Rad zu kümmern und telefonierte mit dem Betreiber einer Autowerkstatt an der Straße Richtung Jackson Bay. Ich wurde per Pickup abgeholt und in der Garage wurde an meinem Rad fast 3h lang rumgeschraubt, geschweißt und schlussendlich lackiert, während ich den Schock verarbeitete und wieder ruhiger wurde. Beide Ösen waren wieder an ihrem Platz und um 13.10Uhr startete ich ein zweites mal den Versuch, die Brücke über den Haast River zu befahren. Es klappte und ich versuchte, nicht mehr daran zu denken, was jetzt auf dieser relativ einsamen Strecke noch alles kaputtgehen könnte. Ich sagte mir, daß jeder Kilometer der letzte sein könnte und genoß den leichten Rückenwind, die Aussicht auf den Pazifik zu meiner Linken und den Wald zu meiner Rechten.

Westküste nördlich von Haast

Nach 15km erreichte ich den Ship Creek Walk, wo interessante Wege durch dichten Regenwald und am Strand entlang führten. Nach diesem einstündigen, lohnenswerten Abstecher ging's zurück auf die Straße, die dann nach 12km und 3 Steigungen den Knight's Point erreichte, von wo aus man eine herrliche Aussicht auf die Küste mit ihren Sandstränden und den vorgelagerten Felsen im Meer hat.

Am Knight's Point Ausblick vom Knight's Point Traumstraße Highway 6 an der Westküste

Ich fuhr wie im Rausch und war schnell unterwegs. Was das Fahren auf dem Rad betrifft, war dies wohl der schönste Tag der ganzen Reise. Die nächsten Fotostops waren am Lake Moeraki und etwas später am Lake Paringa. Am Lake Paringa kann man auch zelten und es gibt auch WC's und Wasser, allerdings Giardia-gefährdet. Ich würde mir eine übernachtung nahe am See aber verkneifen, da dort zu viele Sandflies leben: Ich mußte für meinen 15-minütigen Aufenthalt mein Repellent auftragen. Mit dem für 6,50 NZ$ wahrscheinlich teuersten Kiwiburger Neuseelands gestärkt, startete ich auf die nächsten, einsamen, aber sehr schönen Kilometer. Es ging durch dichten Wald, der mit offenen Weideflächen wechselte. Bei Bruce Bay führte die Straße für kurze Zeit wieder direkt am Strand entlang und erlaubte den vorerst letzten Blick auf die Wellen des Pazifiks.

Am Lake Paringa Auf dem Highway 6 Bruce Bay

3km hinter dem Ort Jacobs River übernachtete ich zusammen mit einem österreichischen Paar, die mit MTBs in entgegengesetzter Richtung unterwegs waren, in einer Motelanlage. Nach einem Wechselbad der Gefühle am Vormittag und über 90 gefahrenen Kilometern am Nachmittag ging ein abwechslungsreicher Tag zu Ende.

Der nächste Tag war zu Beginn fast eine Wiederholung der Ereignisse des Vortages: Ein wolkenfreier Himmel und die wärmende Dezembersonne verhießen einen schönen Tag. Die Österreicher wünschten mir ebenfalls wie tags zuvor die Schweizer "Viel Glück!". Ich fuhr die ersten 100m - und - das Rad hielt. Auch nach 200m und 500m gab es keine Probleme. Eigentlich hielt ich es für unwahrscheinlich, daß wieder etwas kaputt gehen könnte, aber ich machte mir einen Spaß daraus, auf irgendein Geräusch zu warten, das ein schadhaftes Teil von sich geben würde. Ich konnte mein Rad nach den bisherigen Schäden einfach nicht mehr ernst nehmen und das war auch gut so, denn nach 1000m vernahm ich das Geräusch einer reißenden Speiche am Hinterrad. Die Speiche, die ich auf dem Weg nach Lake Tekapo ausgewechselt hatte, hatte ich wohl zu stramm angezogen, sodaß sie nun gerissen war. Mit all meiner mittlerweile vorhandenen Routine reparierte ich den Schaden und fuhr weiter nach Fox Glacier. Unterwegs bekam ich den Mount Cook von der Westseite zu sehen. Am Nachmittag fuhr ich zum Gletscher, um mir dieses seltene Schauspiel von - nur 18km vom Meer entfernt - sich nach unten schiebenden von Regenwald umgebenden Eismassen anzusehen. Gegen Abend machte ich einen Abstecher in Richtung Küste und lief um den für seine bei gutem Wetter schönen Spiegelbilder der umgebenden Berge berühmten Lake Matheson. Es war ein tolles Bild, wie sich im dunklen Moorsee die schneebedeckten und vom warmen Licht der untergehenden Sonne angestrahlten Südalpenriesen Mount Cook und Mount Tasman spiegelten.

Lake Matheson vor Mount Cook und Mount Tasman Am Lake Matheson Lake Matheson vor Mount Cook und Mount Tasman

Den nächsten Vormittag verbrachte ich damit, an einer 4-stündigen, geführten Tour auf den Fox Glacier teilzunehmen. Zunächst wurden alle mit der notwendigen Ausrüstung versehen, bevor es dann durch dichten Wald an der Flanke des Gletschers bergauf ging und erst danach der Gletscher von der Seite bestiegen wurde.

Fox Glacier Wanderung auf dem Fox Glacier Auf dem Fox Glacier

Kaum zu glauben, daß sich diese gewaltigen Eismassen mit einer Geschwindigkeit von 1m pro Tag talwärts bewegen. Gespeißt wird der Gletscher durch die 100m hohe Schneeschicht, die in diesem Teil der Südalpen jährlich niedergeht und die dafür sorgt, daß der Gletscher um 30 bis 40cm je Tag wächst. Verursachend für diese hohen Niederschläge ist auch die Klimaerwärmung, durch die die Luftmassen, die über die Tasmanische See kommend dann auf die über 3000m hohe Barriere der Südalpen treffen, noch mehr Feuchtigkeit speichern können. Am Nachmittag fuhr ich über zwei anstrengendere und einen leichteren Hügel in den nächsten Ort, Franz Josef Glacier, und besichtigte kurz den von dort aus erreichbaren gleichnamigen Gletscher.

Franz Josef Glacier


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http://www.koczet.de

Autor: Michael Koczet, Kuthsweg 47, 40231 Düsseldorf

Kontakt: travelpix1@koczet.de



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